Politik in der Krise? Am Beispiel der österreichischen Wirtschaftspolitik von 1970 bis 1983. Die Tagebücher Josef Staribachers

Dr. Josef Staribacher, Handelsminister von 1970 bis 1983, hat während der gesamten Regierungszeit Bruno Kreiskys Tagebuch geführt. Ergebnis dieser Aufzeichnungen ist ein Quellenbestand zur politi¬schen und Wirtschaftsgeschichte der Zweiten Republik, der 20.000 maschinschriftliche Manuskriptseiten in 70 Büroordnern umfasst. Dieses Material wurde noch von Staribacher selbst dem Kreisky-Archiv übergeben.

Im Zentrum des Projektes stand die Ölkrise der frühen 1970er Jahre, die den Aufschwung der Nachkriegszeit beendete. In Österreich wurde unter dem Schlagwort „Austrokeynesianismus“ an der Vollbeschäftigung festgehalten, eine Politik, die mit Ende der 1970er Jahre in der zweiten Ölkrise und einer weltweiten neoliberalen Wende selbst in eine Krise geriet. Das Projekt untersucht die Wahrnehmung der Krise durch die handelnden Politiker sowie die Handlungsspielräume, die sie sahen und nutzten bzw. ablehnten.

Die Tagebücher erlauben es, die Netzwerke, in denen Josef Staribacher seine Politik entwickelte und umsetzte, zu rekonstruieren. Mittels spezieller Softwarepro¬gramme werden diese personellen Netzwerke erstmals sicht- und nachvollziehbar gemacht. Damit können erstmals die Kooperations- und Konfrontationslinien auf verschiedenen politischen und wirtschaftlichen Ebenen dokumentiert werden.

Mit Projektende stehen die gesamten Staribacher-Tagebücher erstmals unter dem link staribacher.acdh.oeaw.ac.at vollständig online zur Verfügung. In Kooperation mit dem Institut für digital humanities der Österreichischen Akademie der Wissenschaften wurde eine online-Datenbank geschaffen, in der Interessierte nach bestimmten Tagen, nach Ereignissen, Personen und Orten suchen können. Der elektronisch komplett erfasste Originaltext wird dabei gleichzeitig mit den Scans der Tagebuchseiten dargestellt, wodurch jede Unterstreichung und jeder handschriftliche Kommentar sichtbar ist. Diese einzigartige Quelle zur österreichischen Zeitgeschichte ist dabei nicht nur für die wirtschaftshistorische Forschung interessant, da Staribacher auch aus den Ministerräten und Fraktionssitzungen berichtet.

Endbericht

Projektleitung: Univ.-Doz. Dr. Maria Mesner

Projektmitarbeiter: Mag. Matthias Trinkaus, Mag. Maria Steiner, Remigio Gazzari, Mag. Thomas Tretzmüller

Digital-Humanities-Unterstützung: Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage: Mag. Daniel Schopper (ÖAW), Mag. Barbara Krautgartner, Basem Saifo, Mag. Matthias Schlögl

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